• Rezultati Niso Bili Najdeni

View of Simfonija v F-duru, opus 68: »ljubljanski prepis«

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "View of Simfonija v F-duru, opus 68: »ljubljanski prepis«"

Copied!
4
0
0

Celotno besedilo

(1)

268

M U Z I K O L O Š K I Z B O R N I K • M U S I C O L O G I C A L A N N U A L LV I / 1

Jonatan Vinkler, Hrsg.

Simfonija v F-duru, opus 68:

»ljubljanski prepis«

Jonatan Vinkler, Hrsg. Simfonija v F-duru, opus 68: »ljubljanski prepis«./Symphony in F major, opus 68: ‘Ljubljana transcript’. [Sinfonie in F-Dur, opus 68: „Ljubljana-Tran- skript“.] Koper, Ljubljana: Akademija za Glasbo Univerze v Ljubljani, Narodna in uni- verzitetna knjižnica Ljubljana, Založba Univerze na Primorskem, 2019. ISBN: 978-961- 7055-54-2 (pdf).

Faksimile-Ausgaben von Beethovens Werken haben eine lange Tradition. Bereits im 19.

Jahrhundert hat man – im Rahmen der damaligen technischen Möglichkeiten – ver- sucht, Beethovens Handschrift für eine breite Leserschaft zugänglich zu machen. Später hat man durch verbesserte fotografische und digitale Druckverfahren die Faksimilie- rung immer weiter perfektioniert, so dass vom kurzen Lied bis zum vollständigen Sym- phoniemanuskript eine Reihe bibliophiler Faksimila verfügbar sind. Auch heute, da vie- le Beethoven-Handschriften vollständig digitalisiert im Internet zugänglich sind, haben die gedruckten Faksimilia nicht an Bedeutung verloren, da die Haptik eines gedruckten Buchs den Leser viel näher an das Original bringen kann als es ein Digitalisat vermag.

Bei den verfügbaren Faksimilia handelt es sich nahezu ausschließlich um Repro- duktionen von Beethovens Autographen; Kopistenabschriften spielen praktisch keine Rolle. Die wenigen Ausnahmen findet man dort, wo ein Autograph verlorengegangen ist, etwa im Falle der Eroica-Symphonie, deren von Beethoven überprüfte Abschrift zudem besonders bekannt ist, weil sie durch das berühmte Loch im Titelblatt (das bei der Tilgung der Betitelung auf Napoleon Bonaparte entstand) mit einer der meistzi- tierten Anekdoten in Verbindung gebracht werden kann. Im Normalfall sind Kopisten- abschriften für den Faksimilamarkt jedoch unattraktiv, wohl weil sie die Aura und das vermeintlich „Authentische“ nur eingeschränkt vermitteln können. Das ist bedauerlich, denn in der Regel endete der Kompositionsprozess nicht mit Fertigstellung des Auto- graphs. Die von professionellen Schreibern angefertigten Kopien dienten Beethoven oft als Grundlage für bisweilen umfangreiche Revisionen; oft geht der Notentext letz- ter Hand aus dem Autograph noch gar nicht hervor.

Umso erfreulicher ist es, dass nun die umfangreiche, von Beethoven überprüfte Kopistenabschrift einer vollständigen Symphonie vorliegt, und das, obwohl das Auto- graph erhalten und bereits selbst sowohl als gedrucktes Faksimile als auch digitalisiert im Internet leicht zugänglich ist, und obwohl die Abschrift nicht einmal besonders viele autographe Eintragungen erhält. Es handelt sich um die Partiturabschrift der Pas- toralsymphonie, die der Kopist Joseph Klumpar als dritte Kopie (nach den Orches- terstimmen und der Partiturabschrift für den Verleger Breitkopf & Härtel) angefertigt

MZ_2020_1_FINAL.indd 268

MZ_2020_1_FINAL.indd 268 24. 06. 2020 12:00:5424. 06. 2020 12:00:54

(2)

269

R E C E N Z I J E • R E V I E W S

hat und die bei der öffentlichen Uraufführung im Dezember 1808 als Dirigierpartitur diente. Sie wird heute in der Universitätsbibliothek Ljubljana verwahrt.

Das Faksimile erscheint zum zweihundertsten Jubiläum von Beethovens Ehrenmit- gliedschaft bei der Philharmonischen Gesellschaft in Laibach (Ljubljana), die er 1819 erhielt. Ein weiterer Anlass für die Publikation ist es laut dem Vorwort von Ivan Florjanc, der Öffentlichkeit ein „vollständiges und lesbares Manuskript der Pastorale“ zugänglich zu machen. Das Ziel der „Lesbarkeit“ (in Abgrenzung zur autographen Arbeitspartitur sowie zur anderen, durch einen Wasserschaden stark beschädigten Partiturabschrift) ist gewissermaßen ein gegensätzlicher Ansatz zu üblichen Faksimileausgaben, denen oft ganz bewusst besonders stark korrigierte und kaum lesbare Manuskripte zugrundelie- gen; dort geht es nicht um Lesbarkeit, sondern um die Aura der Handschrift.

Das Faksimile der Ljubljanaer Handschrift ist sehr ausführlich kommentiert: Neben dem Vorwort gibt es einen umfangreichen Kommentaranhang, der fünf Texte von drei Autoren (Jernej Weiss, Alenka Bagarič und Uroš Lajovic) enthält. Das Vorwort und die Essays werden vollständig sowohl in slowenischer als auch in englischer Sprache wie- dergegeben. Die Texte sind mit sinnvoll ausgewählten Dokumenten bebildert, wobei die Abbildungen (anders als beispielsweise im Faksimile des deutsch und englisch kommentierten Autographs derselben Symphonie) sowohl zu den slowenischen als auch zu den englischsprachigen Texten gesetzt sind und somit jeweils doppelt abge- druckt werden.

Das Manuskript wird durch einen umfangreichen Textteil (mehrere Seiten Vorwort sowie jeweils 50 Seiten Kommentar pro Sprache) und aus dem Blickwinkel verschiede- ner Autoren sehr weit gefächert kontextualisiert. Die einzelnen Texte bauen nicht auf- einander auf und können je nach Interesse des Lesers auch einzeln rezipiert werden.

Wer die Texte vollständig hintereinander liest, wird allerdings auch unweigerlich auf Überschneidungen stoßen, etwa in Bezug auf die Entstehungsgeschichte der Pastoral- symphonie, die Ernennung Beethovens zum Ehrenmitglied der Philharmonischen Ge- sellschaft Laibach oder bestimmte Eintragungen im Manuskript.

Der Aufsatz von Jernej Weiss behandelt in einem weiten Überblick die politischen Veränderungen und das Musikleben um 1800, die Gründung philharmonischer Gesell- schaften allgemein und in Laibach 1794 im Besonderen und schließlich Beethovens Symphonik sowie Entstehung und Besonderheiten der sechsten Symphonie. Dieser Essay steht also als Einführung in Werk und Manuskript sinnvoll am Beginn des Kom- mentarteils. Dass Beethoven die Symphonie zwischen Sommer 1807 und Herbst 1808

„in the countryside surroundings of Heiligenstadt and Baden“ komponiert habe, ge- hört allerdings eher in die mythische Verklärung der Pastoralsymphonie (die umfang- reichen mit Feder und Tinte beschriebenen Skizzen des sogenannten „Pastorale-Skiz- zenbuchs“, die auch erwähnt werden, sind sicher am heimischen Schreibtisch in Wien entstanden). Ein längerer Abschnitt widmet sich schließlich der Philharmonischen Ge- sellschaft und Beethovens Ehrenmitgliedschaft. Der Autor fasst die bekannten Fakten sehr anschaulich zusammen und geht dabei auch auf die zeitgenössischen frühen Auf- führungen Beethovenscher Werke in Laibach/Ljubljana ein. Die Überlieferungslücken, die sich durch fehlende Kataloge ergeben, werden dabei nicht verheimlicht. Abschlie- ßend beschreibt er die spätere Rezeption Beethovens in Ljubljana.

MZ_2020_1_FINAL.indd 269

MZ_2020_1_FINAL.indd 269 24. 06. 2020 12:00:5424. 06. 2020 12:00:54

(3)

270

M U Z I K O L O Š K I Z B O R N I K • M U S I C O L O G I C A L A N N U A L LV I / 1 Alenka Bagarič widmet sich schließlich eingehend dem Manuskript selbst. Sie geht dabei zunächst kurz auf die Geschichte der Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert ein und macht auch dem englischsprachigen Leser die slowenischen Forschungsergeb- nisse zugänglich, die in der internationalen Beethovenforschung kaum rezipiert wer- den (der Rezensent schließt sich hier explizit ein). Es folgt eine detaillierte Quellenbe- schreibung, die für die philologische Forschung sehr hilfreich ist. Sie verzichtet zwar auf die gängigen Wasserzeichen- und Lagenschemata, macht aber sehr präzise kodi- kologische Angaben. Seltsamerweise wird zunächst nicht thematisiert, dass der vierte Satz wohl der Ersatz für die (warum auch immer) verlorengegangenen ursprüngliche Abschrift ist, auch wenn der abweichende Kopist und die andere Papiersorte sowie die Abhängigkeit des Satzes von der Originalausgabe erwähnt werden. Erst später wird erwähnt, dass die Seitendisposition nicht der im Autograph durch den Hauptkopisten Klumpar vermerkten entspricht, so dass dem Leser spätestens jetzt klar wird, dass das originale Manuskript gar nicht vollständig erhalten ist. Offenbar gibt es aber auch in Ljubljana keine Quellen, die klären können, wann und warum der Satz ersetzt wurde.

Die autographen Einträge Beethovens werden im Einzelnen aufgelistet, teilweise auch mit kleinen Abbildungen aus dem Manuskript. Dabei wird auch deutlich, dass es im Vergleich mit anderen überprüften Abschriften zwar nur wenige, dafür aber sehr bedeutende Nachträge gibt, die sich fast ausschließlich auf den zweiten Satz beziehen;

sie dürften einen engen Bezug zur im März 1809 an Breitkopf & Härtel geschickten Korrekturliste gehabt haben, die leider nicht erhalten ist.

Die letzten drei Beiträge von Uroš Lajovic befassen sich mit Besonderheiten der No- tation und ihre aufführungspraktischen Konsequenzen. Lajovic vertritt die These, dass beide Partiturabschriften Joseph Klumpars in den Noten identisch seien (was weitge- hend, wenn auch nicht hundertprozentig stimmt), es aber deutliche Unterschiede bei den „Akzidentien“ (worunter er alle Zeichen versteht, die die Ausführung einer Note genauer beschreiben) gebe. Dabei thematisiert er neben Satztiteln (siehe die merk- würdige Tilgung des Wortes „Szene“ bei der „Szene am Bach“), Verzierungen u.a. vor allem ein in der Beethovenforschung bereits häufig und meist hitzig diskutiertes The- ma: die Unterscheidung zwischen Staccatopunkten und -keilen (bzw. -strichen). Zitiert wird der berühmte Brief an Karl Holz, in dem Beethoven darauf hinweist, dass es nicht gleichgültig sei, ob Punkte oder Striche notiert werden, und über dessen Auslegung schon viel geschrieben wurde. Lajovic ist davon überzeugt, dass zwischen beidem differenziert werden müsse (auch wenn er selbst auf die inkonsequente Umsetzung, etwa in den Druckausgaben oder zwischen den verschiedenen Abschriften desselben Kopisten hinweist) und gibt Beispiele, an denen er seine Interpretationsvorstellungen darlegt. In seinem zweiten Essay geht der Autor auf Einzelstellen ein. Der Titel „Revi- sionsbericht“ (Revision report) ist etwas irreführend, denn es geht – wie dann aber gleich zu Anfang erklärt wird – um die Abweichungen zwischen autographer Partitur und der faksimilierten Partiturabschrift aus Ljubljana. Der Fokus liegt dabei auf den die Noten präzisierenden „Akzidentien“. Die fast 15 Seiten umfassende ausführliche Liste enthält dann fast ausschließlich die abweichende Notation von Staccatozeichen (Punkte, Keile bzw. deren Fehlen), teilweise auch die Unterscheidung von dynami- schen Zeichen und Betonungszeichen (z. B. sf vs. f). Sporadisch werden auch andere

MZ_2020_1_FINAL.indd 270

MZ_2020_1_FINAL.indd 270 24. 06. 2020 12:00:5424. 06. 2020 12:00:54

(4)

271

R E C E N Z I J E • R E V I E W S

Differenzen genannt, die in eine ganz andere Kategorie gehören wie die Spielanwei- sung der Violoncelli und Kontrabässe im zweiten Satz, die erst ganz am Ende des lan- gen Kompositionsprozesses durchgeführt und im Autograph nicht mehr festgehalten wurde (sie war Bestandteil eines Korrekturbriefes an Breitkopf & Härtel und wurde in der bereits gestochenen Platte in Form einer Fußnote ergänzt; siehe auch bei Bagarič).

Der Autor spricht in Abgrenzung von der in Bonn verwahrten Verlagspartitur von einer „Reinschrift“ („clean copy“), was sich auf das Fehlen zahlreicher autographer Nachträge bezieht, da der Großteil der Revisionsprozesse durch den Komponisten hier bereits bei der Kopiatur berücksichtigt werden konnte. Allerdings verschweigt er die Tatsache, dass die Abschrift aus Ljubljana zugleich gerade die akzidentellen Zusätze wie Bogensetzung, Artikulation usw. besonders nachlässig behandelt. Dies hängt offenbar mit ihrer Funktion als Dirigierpartitur zusammen: Während ihr einerseits ein extrem hoher Wert durch die letzten entscheidenden Autorisierungen durch den Komponisten zukommt, war eine genaue Bezeichnung der Spielanweisungen für den Dirigenten we- niger wichtig als für die Musiker in den Aufführungsstimmen. Dennoch kann man na- türlich nicht grundsätzlich ausschließen, dass der Beethoven sehr nahestehende Kopist bewusste Unterscheidungen vorgenommen hat. Die umfangreiche Auflistung bietet dem Interessierten für die Frage nach Punkt und Keil jedenfalls eine ideale Grundlage, sich die Stellen gezielt anzusehen und daraus eigene Schlüsse zu ziehen.

In dem dritten Aufsatz Lajovics geht es um den Vergleich der beiden überprüften Partiturabschriften in Bonn (Stichvorlage) und Ljubljana (Partitur der Erstaufführung).

Hier werden ausschließlich die autographen Eintragungen Beethovens in der Stich- vorlage angeführt und dokumentiert, ob sie in der Aufführungspartitur berücksichtigt wurden bzw. deren abweichende Lesart angeführt. Die Liste ist nicht ganz vollständig (vgl. z.B. die in der Verlagspartitur autograph ergänzten Bögen in T. 117–123 des 1. Sat- zes) und enthält auch kleinere Fehler (etwa sind die Streichungen der Akzidentien im 1. Satz, T. 206–208 nicht autograph), zeigt aber insgesamt sehr anschaulich den kom- plexen Kompositionsprozess der Symphonie, der auch in den vorausgehenden Essays deutlich wurde: Alle Quellen sind miteinander verwoben, und das mühsame Ringen um einen letztgültigen Notentext wird erst im Vergleich der verschiedenen Manuskrip- te deutlich. Die Partiturabschrift aus Ljubljana steht dabei am Ende dieses Schaffens- prozesses, in dem sie die Korrekturen in anderen Quellen (die sie vor allem aus der autographen Vorlage, wo diese Korrekturen von Beethoven parallel festgehalten wur- den) bereits berücksichtigt und zusätzlich wenige letzte, aber grundlegende Eingriffe enthält, die gar nicht mehr im Autograph festgehalten wurden.

Die Faksimileausgabe ist sehr wertig gestaltet; die Reproduktionen haben (so weit ohne direkten Vergleich mit dem Original erkennbar) eine hohe Qualität, und auch buchgestalterisch wirkt die Ausgabe sehr ansprechend. Es ist sehr zu begrüßen, dass dieses bedeutende Manuskript mit einer ausführlichen Kommentierung nun gleicher- maßen für die Wissenschaft und interessierte Musikliebhaber verfügbar ist.

Jens Dufner (dufner@beethoven.de) Beethoven-Archiv, Beethoven-Haus Bonn

MZ_2020_1_FINAL.indd 271

MZ_2020_1_FINAL.indd 271 24. 06. 2020 12:00:5424. 06. 2020 12:00:54

Reference

POVEZANI DOKUMENTI

23 Das war auch die Meinung <les fohrenden slowenischen Historikers Bogo Grafenauer, des Befiirworters der Theorie der Volkerwanderungen im Ostalpenraum (vgl. auch

Der Kniehebel bedient die Dampfleiste (torte Pedal), und Liber dem Vorsatzbrett sind Zeichen tur den einst eingebauten Pianozug zu sehen. Gut erhalten ist auch

Auffallende Tatsache ist auch, daB die besagten 6 Texte samtlich mit analogen Beispielen auch in der umfangreichsten Notre-Dame- Quelle, der Handschrift Florenz (F) zu

Die Entscheidung, dass die Vorstellungswirklichkeit die Nähe-zu- Gleichzeitigkeit beider ist – der Vorstellung selbst und eines auf sie irreduziblen Außen der

»Bewegungen in der Gesellschaft«. Sie sind konsequent von der R evolution und der Politik sowie von den »K lassengrundlagen« getrennt. Die nsB sind ausgesprochen

Der Terminus „Dreieck“ ist ein wenig ungenau, weil die Eckpunkte nicht von derselben Art sind: Die Partitur ist ein Zeichensystem; die Ausführung ist eine individuelle,

Die neuerliche Grundllng des "Klub Siovenija " resul(ie rte aus clef Vefeinigllng von liber Jlen unci soziald emokr:ltischen politischen Ideen unter den amerikJni-

Terminologisch wurde das Kapitel Die Vokale der nicht starktonigen Silben zu Die Vokale der Nebensilben (§ 54) und Die Vokale der Vorsilben zu Die Vokale der Präfixe (§ 70)